Am Samstagabend, den 9. November 2024, versammelten sich zahlreiche Menschen auf dem Theaterplatz, um gemeinsam das jiddische Lied „Dos Kelbl“ zu singen. Dieses 1940 entstandene Lied, das die Geschichte eines Kälbchens erzählt, das zur Schlachtbank geführt wird, wurde als Symbol für die Deportation von Menschen in Konzentrationslager gewählt. Mit dieser kraftvollen Geste endete eine Reihe von Aktionen, mit denen Weimar an die Opfer der nationalsozialistischen Novemberpogrome von 1938 erinnerte.
Die Gedenkveranstaltung, organisiert vom „Weimarer Netzwerk 9. November“, startete am historischen Marstall. Dieser Ort, der zwischen 1936 und 1945 als Gestapo-Leitstelle in Thüringen diente, bot einen eindrücklichen Ausgangspunkt für die Aktion „Klang der Stolpersteine“. Von hier aus zogen Gruppen und Chöre mit Kerzen durch die Stadt und hielten an Stolpersteinen inne, die an jüdische Bürgerinnen und Bürger erinnern, die einst hier lebten. An den kleinen Gedenksteinen wurden die Namen und Schicksale der Opfer ins Gedächtnis gerufen.
Die Veranstaltung fand ihren Abschluss vor dem Denkmal des Dichters, wo Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, eine eindringliche Rede hielt. „Es genügt nicht, nur zu trauern“, erklärte Wagner und betonte die anhaltende Präsenz von Antisemitismus in der Gesellschaft. Besonders warnte er vor islamistisch geprägtem Antisemitismus, der oft als vermeintliche Solidarität mit Palästina auftrete, sowie vor antisemitischen Tendenzen im linken Spektrum. Zugleich hob er hervor, dass Thüringen stark von rechtsextremem Antisemitismus betroffen sei, der sich auch in den sogenannten Montagsspaziergängen in Weimar widerspiegle.
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden für ihr Engagement und ihre Anteilnahme an diesem wichtigen Gedenktag. Gemeinsam setzen wir ein Zeichen gegen das Vergessen und für eine Gesellschaft ohne Antisemitismus.
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